Menschen, die eine Corona-Infektion durchgemacht haben, fühlen sich teils Monate danach noch krank. Viele wissen aber gar nicht, dass ihr Zustand eine Folge der Infektion ist. Eine neue Patienten-Leitlinie klärt nun, welche Symptome bei Long-Covid auftreten, wie lange sie anhalten, wer am häufigsten betroffen ist – und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
„Ich kann mich nicht mehr konzentrieren, ich bin total erschöpft!“ – 15 Prozent aller Sars-CoV-2-Infizierten klagen noch Wochen oder Monate nach der akuten Infektion über Beschwerden wie diese. Sie können so stark ausgeprägt sein, dass manche nicht mehr fähig sind, ihren Alltag zu bestreiten und ihren Beruf auszuüben. Ein unglaubliches Martyrium für Tausende Menschen. Sie sind genesen, aber nicht wieder gesund.
Da viele gar nicht so recht wissen, was Corona-Spätfolgen sind und ob ihre Beschwerden dazu zählen, hat die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) zusammen mit anderen Fachgesellschaften und Selbsthilfegruppen erstmals eine Leitlinie für Patienten herausgebracht.
Mehr als 200 Long-Covid-Symptome bekannt
Sie soll sowohl Betroffenen also auch Angehörigen Orientierung bieten und aufzeigen, was sie bei bestimmten Anzeichen tun können und an wen sie sich wenden sollten. Denn oft wissen viele gar nicht, was mit ihnen los ist und dass ein Zusammenhang zu Corona besteht.
Als Long-Covid bezeichnen die Experten Beschwerden, die mehr als vier Wochen nach der akuten Erkrankung bestehen oder auftreten (streng medizinisch wird das Krankheitsbild ab der zwölften Woche als Post-Covid bezeichnet). Mittlerweile sind mehr als 200 Symptome bekannt, die als Spätfolgen in Zusammenhang mit Long-Covid auftreten können. Zu den häufigsten gehören laut Leitlinie folgende sieben:
- Fatigue
- Eingeschränkte Belastbarkeit
- Atemnot bei Belastung
- Kopfschmerzen
- Muskelschmerzen
- Gliederschmerzen
- Riech- und Schmeckstörungen
LL-Gruppe/awmf.org Häufigkeit von Symptomen bei Long-Covid
Ursachen von Long-Covid
Diese Beschwerden können wellenartig auftreten. Das heißt Phasen, in denen Patienten sich fast normal fühlen, wechseln sich mit Phasen der Verschlechterung ab. Bis heute wissen Mediziner noch nicht genau, warum es nach der akuten Infektionsphase überhaupt zu solchen Spätfolgen kommt.
Anhaltende Entzündungen der Organe durch das Virus, eine überschießende Reaktion des Immunsystems sowie eine anhaltende Infektion mit dem Virus könnten mögliche Erklärungen sein. Auch psychosoziale Faktoren, beispielsweise durch einen schweren Verlauf und die notwendigen intensivmedizinische Eingriffe, können eine Rolle spielen.
Frauen häufiger betroffen als Männer: Wer unter Long-Covid leidet
Dennoch sind nicht zwangsläufig Menschen davon betroffen, die einen schweren Verlauf durchgemacht haben. Wer an Long-Covid erkrankt, lässt sich nicht genau vorhersagen. Die Studienlage deutet jedoch daraufhin, dass Erwachsene in der Altersgruppe von 30 bis 50 Jahren am häufigsten betroffen sind sowie Menschen mit Vorerkrankungen wie Asthma, Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht. Außerdem sind laut Leitlinie auch Frauen häufiger betroffen als Männer.
Mediziner sehen bisher in der Praxis eine Besserung nach vier bis acht Wochen. In schweren Fällen, die seltener vorkommen, bestehen die Symptome über zwölf Monate. Es ist in der Medizin bekannt, dass Langzeitfolgen wie Long-Covid auch nach anderen schweren Virusinfektionen auftreten können, beispielsweise nach Erkrankung durch das Epstein-Barr-Virus.
Ab wann Patienten zum Arzt gehen sollten
Alle, die an Covid-19 erkrankt waren, sollten laut Leitlinie einen Nachsorgetermin vereinbaren. Erster Ansprechpartner ist dafür immer der Hausarzt, da dieser bereits die Krankengeschichte kennt.
Er nimmt die erste ärztliche Einschätzung vor und leitet Patienten, wenn nötig, auch an Fachärzte oder Ambulanzen weiter. Wichtig sei auch, dass die Hausarztpraxis sämtliche Befunde erhalte, um mögliche weitere Maßnahmen zu koordinieren.
Empfehlungen bei Atembeschwerden und Schmerzen im Brustkorb
Etwa jeder dritte Patient leidet noch mehrere Wochen nach der Corona-Infektion unter Atembeschwerden sowie Schmerzen im Brustkorb. Laut Leitlinie sollte der Hausarzt abklären, was genau dahinter steckt. Folgende diagnostische Maßnahmen helfen dabei:
- ein Lungenfunktionstest
- Messung von Blutsauerstoff und Kohlendioxid
- Untersuchungen des Herzens mittels EKG und Herzultraschall
- gegebenenfalls auch CT und MRT
Lange anhaltende Veränderungen der Lunge seien aber nicht zu erwarten – selbst nach einer durch das Virus verursachten Lungenentzündung. Das gelte auch für Asthmapatienten.
Hilfe bei Einschlafstörungen nach einer Infektion
Viele Long-Covid-Patienten leiden unter massiven Einschlafproblemen. Ob diese eher psychische Ursachen durch die Belastung einer Covid-19-Erkrankung haben oder direkt durch das Virus verursacht werden, ist nicht klar. Beobachtungen bei kleinen Patiengruppen zeigten laut Leitlinie aber, dass möglicherweise eine anhaltende Immunreaktion auch hormonelle Störungen verursacht. Diese können dann wiederum zu Schlafstörungen führen.
Für Betroffene sei es deshalb wichtig
- die Schlafhygiene zu verbessern
- tägliche Routine einhalten
- körperliches Training ohne Überanstrengung
- evt. schlaffördernde Mittel zur Unterstützung anwenden, die keine Suchtgefahr bergen, wie etwa Melatonin oder Hopfen.
Fatigue , Konzentrations- und Gedächntisstörungen – was Patienten tun können
Fatigue, ein dauerhafter körperlicher und geistiger Erschöpfungszustand, gehört zu den häufigsten Beschwerden nach Corona – egal wie schwer die Erkrankung war. Selbst nach Schlaf-und Ruhephasen fühlen Patienten keine Besserung. Oft wird dieser Zustand noch von Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie Kopf- und Muskelschmerzen begleitet.
Als Ursache für Fatigue in Zusammenhang mit Covid-19 steht aber das Immunsystem im Verdacht, das sich gegen den eigenen Körper richtet. Auch psychische und andere körperliche Erkrankungen, die vor der Infektion existierten, könnten eine Rolle spielen.
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Laut Leitlinie müssen Betroffene lernen, mit ihren Ressourcen umzugehen und innerhalb ihrer Grenzen durch sogenanntes "Pacing" zu agieren. Dies soll tagelange Erschöpfungszustände, sogenannte "Crashs" vermeiden. Im Rahmen der Möglichkeiten aktiv zu bleiben, sich aber nicht zu überlasten, sei wichtig. Hierbei können Aktivitätstagebücher oder Fitnessarmbänder helfen.
Bei anhaltender kognitiver Einschränkung sollten gegebenenfalls neuropsychologische Tests durchgeführt werden. Denn Covid-19 kann das Gehirn durch Entzündungsreaktionen in Mitleidenschaft ziehen. Dies zeigten MRT-Untersuchungen. Laut Leitlinie hielten solche Defizite meistens nur einige Wochen bzw. Monate an, da sich das Gehirn wieder erhole. Auch Fatigue selbst hält in der Regel nicht länger als drei Monate an bzw. verbessert sich danach deutlich.
Häufigstes Symptom: Riech- und Schmeckstörungen
Der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinnes gehört zu den häufigsten Covid-19-Symptomen. Auch sogenannte "Riechhalluzinationen" kommen vor. Das heißt, Düfte werden anders wahrgenommen und häufig als unangenehm empfunden, zum Beispiel als chemischer oder fäkaler Duft.
Die gute Nachricht: Bei etwa 90 Prozent bilden sich Riechstörungen innerhalb von ein bis zwei Monaten zurück. Ist dies nicht der Fall sollten Betroffene zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Ein spezielles Riechtraining kann dabei helfen, den Geruchs- und Geschmackssinn wieder herzustellen.
Fazit:
Die Leitlinie empfiehlt allen, die Covid-19 durchgemacht haben, einen Nachsorgetermin bei einem Hausarzt zu vereinbaren. Wer Beschwerden hat, egal welcher Art, sollte sie diese zunächst dort abklären lassen. Der Hausarzt leitet Patienten, wenn nötig dann an Fachärzte oder an Corona-Ambulanzen weiter – vor allem wenn sich die Ursachen verschlimmern. Am häufigsten sind Erwachsene in der Altersgruppe von 30 bis 50 Jahren betroffen – deutlich mehr Frauen als Männer. Sollten Kinder betroffen sein übernimmt der Kinderarzt die Koordination. In den meisten Fällen sei es jedoch so, dass Long-Covid-Symptome nach einigen Wochen, von alleine vollständig abklingen.
- Die gesamte Leitlinie finden Sie unter www.awmf.org
- Selbsthilfegruppen in Ihrer Gegend finden Sie unter www.nakos.de/NAKOS-Corona-Selbsthilfegruppen
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